Das revidierte Aktienrecht, welches per 1.1.2023 in Kraft tritt, bringt nebst flexibleren Gründungs- und Kapitalvorschriften weitere Neuerungen:

  • Die Sachübernahmebestimmungen (Art. 628 OR) werden ersatzlos gestrichen. Damit entfallen auch die Publizitätsvorschriften von Sachübernahmen und beabsichtigten Sachübernahmen in Statuten und SHAB.
  • Die Aktien müssen einen Nennwert aufweisen, welcher grösser als Null ist (Art. 622 Abs. 4 nOR; bisher mind. 1 Rp.). Dasselbe gilt für die GmbH (Abschaffung Mindestnennwert von CHF 100.00 pro Stammanteil).
  • Die Statuten können den VR ermächtigen, während einer Dauer von max. fünf Jahren das Kapital innerhalb eines Rahmens von max. +/- 50% des Aktienkapitals (Kapitalband) zu verändern. Diese Möglichkeit ersetzt die bisherige genehmigte Kapitalerhöhung.
  • Die GV kann, wenn es die Statuten vorsehen, komplett elektronisch einberufen werden. Die schriftliche Einladungs- und Informationspflicht wird abgeschafft. Eine rein elektronische Durchführung einer GV (sog. Cyber-GV) ist gemäss neuem Aktienrecht nicht ausgeschlossen, wenn Beschlüsse öffentlich zu beurkunden sind. Im Kanton Bern ist die Fernbeurkundung zulässig (Art. 22 Abs. 3 Notariatsgesetz Bern: «Erfolgt die notarielle Feststellung über elektronische Kommunikationsmittel, so muss sich die Notarin oder der Notar dabei im Kanton Bern befinden»). Bei GV’s mit mehreren Tagungsorten resp. hybriden GV’s haben die Statuten oder der VR zwingend einen Haupttagungsort zu bestimmen und der Vorsitzende hat sich dort einzufinden. Bei beurkundungspflichtigen Beschlüssen Statutenänderungen muss der Notar ebenfalls am Haupttagungsort beiwohnen.
  • Statutenänderungen im Zusammenhang mit der Aktienrechtsrevision können erst nach Inkrafttreten beim HR angemeldet werden.
  • Das Aktienkapital kann neu in ausländischer Währung festgelegt werden oder Einlagen können in einer anderen Währung als das Aktienkapital geleistet werden (GBP, EUR, USD oder JPY). In diesen Fällen muss die Gründungsurkunde die angewandten Umrechnungskurse erwähnen. Die geleisteten Einlagen müssen mindestens dem Gegenwert des einzuzahlenden Kapitals in CHF entsprechen (mind. TCHF 50 bei Bargründung).
  • GV-Beschlüsse können auch auf dem Zirkularweg (schriftlich oder elektronisch) gefasst werden, ohne dass dafür eine statutarische Grundlage notwendig ist.
  • Dasselbe gilt für VR-Beschlüsse. Auch diese können schriftlich oder neu auch per E-Mail, Messenger Apps oder auf anderen elektronischen Wegen gefasst werden. Die elektronische Beschlussfassung ist jedoch nach wie vor ungeeignet, wenn der Beschluss dem Handelsregister einzureichen ist.
  • Mitteilungen an die Gesellschafter bilden neu zwingenden Inhalt der Statuten (auch bei der GmbH).
  • Die GV kann neu über Zwischendividenden beschliessen, gestützt auf einen geprüften und genehmigten Zwischenabschluss. Wurde auf eine eingeschränkte Revision verzichtet (Opting-Out), so muss der Zwischenabschluss ebenfalls nicht geprüft werden.
  • Rechtliche Grundlage für die Durchführung virtueller Generalversammlungen (Art. 699 ff. nOR).
  • Der Gewinnverwendungsantrag für das Geschäftsjahr 2022 untersteht, da dieser im 2023 gestellt wird, dem neuen Recht. Das bedeutet, das die vereinfachte Zuweisungsvorschrift für die Gewinnreserven zu beachten ist. 5% des Jahresgewinnes sind den gesetzlichen Gewinnreserven zuzuweisen. Die bisherige Zweitzuweisung für Superdividenden entfällt.

Ab dem 1. Januar 2023 empfiehlt es sich, die Statuten den Vorschriften des neuen Aktienrechts mittels einer Totalrevision anzupassen. Gemäss den Übergangsbestimmungen hat die Anpassung innert zwei Jahren, d.h. spätestens bis zum 1. Januar 2025, zu erfolgen.